Bericht über 3 Monate Seattle Cancer Care Alliance, Washington, USA, von August bis Oktober 2012 von Dr. Kristina Sohlbach, Uniklinik Marburg
Ich berichte von meinem 3monatigen Aufenthalt als Gastärztin in Seattle (Seattle Cancer Care Alliance,
Washington, USA), der von der Carsten Bender-Leukämie-Stiftung finanziell unterstützt wurde. Die
Idee hinter diesem Auslandsaufenthalt war, meine klinische Erfahrung im Bereich allogene
Blutstammzelltransplantation am renommiertesten Transplantationszentrum der Welt zu erweitern.
Die allogene Blutstammzelltransplantation stellt für viele Patienten mit akuten Leukämien und auch
anderen hämatologischen Neoplasien die einzige Therapie mit Chance auf Heilung dar. Trotz vieler
Fortschritte im Bereich der Transplantation ist die allogene Blutstammzelltransplantation eines der
schwierigsten Therapiemaßnahmen in der Medizin. Probleme sind vor allem schwerwiegende
Nebenwirkungen durch hochdosierte Ganzkörperbestrahlung und Chemotherapie, Graft-versus-Host
Disease, eine immunologische Reaktion von Spenderzellen gegen den Empfänger und trotz dieser
effektivsten Therapie Rückf.lle der Leukämie.
Seattle ist eines der größten und wahrscheinlich auch das berühmteste Zentrum der Welt für allogene
Blutstammzelltransplantation. In den 50er Jahren wurde dort die erste erfolgreiche Transplantation von
Knochenmark an eineiigen Zwillingen durchgeführt, gefolgt von Transplantationen zwischen HLAidenten
Geschwistern und schließlich wurde in den 70er Jahren die erste Knochenmarktransplantation
mit Zellen eines HLA-identen (gewebegleichen) fremden Spenders erfolgreich umgesetzt. Zu
verdanken war dieser Fortschritt in der Medizin vor allem Dr. E. Donald Thomas aus Seattle, der für die
erfolgreiche Durchführung der ersten allogenen Blutstammzelltransplantationen 1990 den Nobelpreis
für Medizin gewann. Noch heute kommen aus Seattle wegführende Studien und Veröffentlichungen
über allogene Blutstammzelltransplantation.
Der Aufenthalt in Seattle war sehr beeindruckend. Ich habe viele Patienten betreuen, sehen und mit
ihnen sprechen können. Ich habe vielfältige Einblicke in das breite Feld der Transplantation bekommen.
Insbesondere konnte ich viel Lernen über die sehr schwierigen Transplantationen mit
Nabelschnurblutzellen oder haploidentem Knochenmark (50% Übereinstimmung zwischen Spender
und Empfänger), die nur durchgeführt werden, wenn die Transplantation die einzig kurative Therapie
darstellt und kein akzeptabler Spender in den weltweit vernetzten Datenbanken gefunden werden kann.
Auch konnte ich Ärzte erleben, kennen lernen und befragen, die die Transplantationsmedizin seit den
70er Jahren miterlebt und geprägt haben.
Dieser klinisch basierte Aufenthalt hat sein Ziel voll erreicht und ich habe viele Erkenntnisse mit nach
Marburg nehmen können. Mein besonderer Dank gilt der Carsten Bender-Leukämie-Stiftung, die durch
ihre finanzielle Unterstützung mir diesen Aufenthalt ermöglicht hat.