Zusammenfassung des Antrages für ein Reisestipendium
Donnerstag, 26. März 2015
Zusammenfassung des Antrags für ein Reisestipendium bei der Carsten Bender-Leukämie-Stiftung
zur Teilnahme an dem Kurs Introduction to Next Generation Sequencing (European Bioinformatics Institute, Hinxton, Vereinigtes Königreich, 13.–16.04.2015)
Hintergrund
Akute Leukämien sind bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems, die durch die unkontrollierte
Vermehrung von Blut-Vorläuferzellen und einen rasch progredienten Verlauf gekennzeichnet sind.. Mit den
heute zur Verfügung stehenden Therapieoptionen können ca. 1/3 aller Betroffenen geheilt werden, wobei
hinsichtlich der Prognose eine erhebliche Spannweite besteht: Während von Patienten mit akuter
myeloischer Leukämie und komplexem Erbgutveränderungen trotz Einsatz auch der schwerwiegendsten
Therapiemaßnahme, nämlich einer allogenen Stammzelltransplantation, nur ca 10-20% die ersten fünf
Jahre nach Diagnosestellung überleben, gelingt bei Patienten mit der gleichen Grunderkrankung, deren
bösartige Zellen jedoch nur eine einzige spezielle Veränderung in ihren Chromosomen tragen, in über 80%
der Fälle eine dauerhafte Kontrolle der Krankheit, ohne dass eine toxische Chemotherapie eingesetzt
werden muss. Dieser Gegensatz illustriert, wie sehr Patienten bereits heute von einer molekularen
Diagnostik profitieren und begründet die Hoffnungen von Patienten und Ärzten, durch eine "personalisierte
Medizin", in Zukunft jede Leukämie heilen zu können.
Neuartige Sequenzierverfahren (Next Generation Sequencing),
mit denen der Bauplan der bösartigen Zellen mit der höchstmöglichen Auflösung, nämlich buchstabengenau
auf Ebene der DNA entschlüsselt werden kann, schaffen eine wesentliche Voraussetzung für die breite
Umsetzung dieses Konzepts in der klinischen Routine. Die Möglichkeit zur Auswahl einer
maßgeschneiderten Therapie an Hand der genauen Kenntnis der genetischen Information der entarteten
Zellen stellt jedoch nur einen Teilaspekt einer verbesserten individualisierten Patientenversorgung dar. Eine
Next Generation Sequencing-Plattform bietet eine flexible technologische Grundlage für ein breites
Spektrum hochsensitiver diagnostischer Tests zur quantitativen und qualitativen Analyse leukämischer
Zellen und somit das Potential, die aktuell angewandten diversen komplementären Diagnostikverfahren in
einer einzigen Methode zu integrieren. Daraus ergibt sich als Hauptnutzen aus Patientensicht eine
beschleunigte Diagnostik, was insbesondere bei der Primärdiagnosestellung einer akuten Leukämie von
essentieller Bedeutung ist: Durch schnellere umfassende Charakterisierung einer akuten Leukämie können
unter Umständen wertvolle Tage zur Suche nach einem Knochenmarkspender gewonnen werden, wenn
eine bestimmte Hochrisiko-Konstellation besteht und die allogene Stammzelltransplantation somit die
Therapie der ersten Wahl darstellt. Darüber hinaus ist langfristig durch den Verzicht auf andere
Diagnostikverfahren mit erheblichen Kosteneinsparungen zu rechnen. Weiterhin ist es möglich, durch
Methoden, die speziell für die Untersuchung des peripheren Blutes entwickelt werden, auf Veränderungen
des Knochenmarks oder von Lymphknoten im Sinne eines Rückfalls zu schließen, lange bevor dieser durch
andere Methoden detektierbar wird. Damit genügt eine einfache Blutentnahme zur Gewinnung einer
aussagekräftigen Probe, sodass Nachsorgeintervalle individuell verkürzt, Rückf.lle früher erkannt und
möglicherweise lebensrettende weitere Therapien rechtzeitig begonnen werden können.
Nutzen der Kursteilnahme und Bezug zum aktuellen Forschungsprojekt
Ab dem Jahr 2015 wollen wir am Universitätsklinikum Marburg Next Generation Sequencing in der
molekularen Diagnostik von Leukämien etablieren. Um einen fundierten Überblick über die
Sequenziertechnik, Anwendungsmöglichkeiten und die zugehörige Datenanalyse zu erhalten, wird die
designierte Projektleiterin (Antragstellerin Dr. med. Elisabeth Mack) an dem Kurs "Introduction to Next
Generation Sequencing" am European BioinformaticsInstitute (13.-16.04.2015, Hinxton, Vereinigtes
Königreich) teilnehmen. Das grundlegende Wissen und die praktischen Fähigkeiten, die in dem breit
angelegten Einführungskurs vermittelt werden, werden die Kompetenzen von Frau Dr. Mack zur
qualifizierten Supervision der weiteren am Projekt beteiligten Wissenschaftler, Bioinformatiker und
technischen Mitarbeiter entscheidend stärken. Damit wird eine wesentliche Voraussetzung zur adäquaten
Besetzung der Schnittstelle zwischen der Methode und der patientenorientierten Anwendung geschaffen.
Dies wird es uns ermöglichen, unsere Arbeiten zur Verankerung von Next Generation Sequencing-
Verfahren in der molekularen Diagnostik optimal auf unsere klinischen Bedürfnisse abzustimmen.